Ökumenisch in Langwasser

Experiment Simultankirche

Zwei Gemeinden unter einem Dach – ein Nachbericht:

Anfang 2023 planten die katholische Gemeinde Zum Guten Hirten und die evangelische Passionsgemeinde ihre Sonntagsgottesdienste nur noch in einer der beiden Kirchen stattfinden zu lassen. Zwei Kirchengemeinden wollten sich zusammentun, abwechselnd nur ein Kirchengebäude nutzen, dabei Energiekosten sparen und zugleich ausloten, wie intensiv eine Zusammenarbeit in Zukunft sein könnte.

Ökumene wird in beiden Gemeinden bereits seit vielen Jahren in allen Lebensbereichen groß geschrieben: Gemeinsam feiern die benachbarten Schwesterkirchen Gottesdienste, nehmen an Gemeindefesten teil und gestalten ihre Kinder-, Jugend- und Seniorenarbeit. Da liegt es auf der Hand, dass sie angesichts sinkender Mitgliederzahlen auch in schwierigen Zeiten gemeinsam nach Lösungen suchen. Sie wollen nicht alleine unterwegs sein, sondern gemeinsam mit ihren Nachbarinnen und Nachbarn.

So kam die Idee auf, auszuprobieren, ob die Einrichtung einer “Simultankirche” angesichts rückläufiger Mitgliederzahlen eine für beide Seiten tragbare Lösung sein kann. Jede Konfession sollte ihre persönlichen Glaubenssymbole in die gastgebende Kirche hineintragen. Auf diese Weise sollten die Gläubigen nachspüren, wie die vertrauten Gegenstände in ungewohnter Umgebung wirken, bzw. wie der bekannte Kirchenraum mit überlassenen Leihgaben umgeht.

So war es in einigen Sitzungen und Abstimmungen verabredet. Die letzten Zögerer ließen sich schließlich aus ganz pragmatischen Gründen angesichts des bevorstehenden Winters und der bei den gestiegenen Energiekosten kaum heizbaren Kirchen auf den Versuch ein. Andere benannten das Austesten einer gemeinsamen Kirchenraumnutzung “Experiment Simultankirche” und lösten damit teils heftige Diskussionen aus. Wie bei allen Entscheidungen gab es Menschen, die sofort Feuer und Flamme waren, und solche, die den Prozess eher skeptisch begleitet haben. Am Ende gab es aber ein klares Ergebnis, das Experiment zu starten und im Anschluss gemeinsam auszuwerten, absolut ergebnisoffen.

Die ersten Erfahrungen waren auch spannend: Wie verändert sich der Raum der evangelischen Passionskirche, wenn ein Weihwasserspender im Eingangsbereich steht? Was brauchen katholische Gottesdienste noch zusätzlich, das in einer evangelischen Kirche sonst nicht üblich ist? So wurden beispielsweise die Kniebänke, die sonst nur bei der Konfirmation genutzt werden, kurzerhand für die Ministranten eingesetzt. Auch ein Bild der Maria mit Gebetskerzen fand seinen Platz im Kirchenraum Passion. Die ca. 40 Besucher der Vorabendmessen fühlten sich dann auch rasch wohl in der kleineren, besser beheizbaren evangelischen Passionskirche.

Leider musste das Experiment bereits nach kurzer Zeit wieder eingestellt werden. Von der Idee Ende November 2022 bis zur Umsetzung Anfang 2023 blieb einfach zu wenig Zeit für eine gute Kommunikation zu allen Gläubigen und für eine ausreichende Information der Kirchenleitung. Auf beiden Seiten war die Enttäuschung groß, nicht nur bei den engagierten Gremienmitgliedern, auch bei vielen Gottesdienstbeschern.

Ich wünsche mir, dass die Gemeinden der beiden Schwesterkirchen trotz der durchaus verständlichen ersten Enttäuschung am Ball bleiben und den Mut finden, die Idee des “Experimentes Simultankirche” nochmals anzugehen und dass es dann gelingt, wirklich alle Beteiligten mitzunehmen.

Ilona-Maria Kühn

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