Ökumenisch in Langwasser

In freundschaftlichem Miteinander

Abschlussbericht zum Ende der Projektzeit “Vertiefte Ökumene in Langwasser”

Katholiken und Protestanten aus Langwasser haben sich im Februar 2017 zusammengefunden und gemeinsam überlegt, wie sie über die üblichen ökumenischen Formate wie Bibelgespräch, Gottesdienstformen und Gemeindefeste hinaus gemeinsam in die Zukunft gehen können. Vor allem im administrativen Bereich versprach man sich große Erleichterungen. In der Öffentlichkeit sollte die gute Partnerschaft der beiden Kirchen in Form einer Zentralen Anlaufstelle am Franken-Center, also am Puls von Langwasser, sichtbar werden. Dazu wurde die Projektstelle „Vertiefte Ökumene in Langwasser“ geschaffen, finanziert von der Evang.-Luth. Kirche in Bayern, dem Kirchenkreis Nürnberg und des Bistums Eichstätt. Der Start des Projektes im Januar 2021 im Schatten des strengen Corona-Regimes verlief viele Wochen nur online oder auf große Distanz. Was ist seitdem passiert?

Das Herantasten

Anfangs ging es noch um die Einordnung zahlreicher Ideen und Chancen, die der Gedanke, etwas gemeinsam zu tun, mit sich bringt. Workshop der Verantwortlichen und Ehrenamtlichen haben viele Vorschläge und Möglichkeiten eröffnet: Gemeinsame Kindergartenverwaltung, gemeinsame Sozialstation, gemeinsame Immobilienverwaltung,  gemeinsame Anlaufstelle mit Café und vieles mehr.

Im Kleinen zeigte sich, dass vieles in Langwasser bereits selbstverständlich war, wie der gegenseitige Verleih von Sonderausstattungen wie Micro- oder Lichtanlagen, ein gleichzeitiger E-Check für benachbarte Schwesterkirchen oder eine Einladung zum Erste-Hilfe-Kurs für alle. Ein gemeinsamer Hausmeister? Durchaus denkbar, dann müsste eine Gemeinde ihn anstellen und die Schwesterkirche erhält regelmäßig Rechnungen über seine geleisteten Arbeitsstunden.

Je weiter die Projektarbeit fortschritt, desto mehr kristallisierte sich der Wunsch nach Einrichtung einer gemeinsamen Anlaufstelle heraus. Beide Kirchen wollen mehr in die Öffentlichkeit rücken und so den Menschen entgegenkommen. Und das schaffen sie am besten, wenn sie in Zeiten, wo alle ihren Gürtel enger schnallen müssen, ihre vorhandenen Ressourcen zusammenlegen.

 

Auf der Suche nach einem Konzept

Von ihrem ursprünglichen Traum, eine Anlaufstelle mit Begegnungsstätte direkt im Franken-Center einzurichten, mussten sich die Projektpartner dann doch ziemlich schnell verabschieden. Raus zu den Menschen gehen statt abzuwarten, dass jemand vorbeikommt – so schön die Idee sein mag: Über Neu-Anmietungen braucht man nicht nachdenken, wenn es sowohl von Bistums- als auch von landeskirchlicher Seite her klare Anweisungen gibt, den aktuellen Raumbestand in den nächsten Jahren um ein Drittel zu reduzieren. Damit fiel auch die gemeinsame Nutzung des zentral gelegenen Pfarrhauses an der Paul-Gerhardt-Kirche für diese Anlaufstelle weg, denn weder Pfarrgemeinderat noch Kirchenverwaltung wollten Räume anmieten, wenn sie gleichzeitig an ihren vier Kirchorten Nutzungsmöglichkeiten für eigene Büroräume suchten.

Der Durchbruch zu einer gemeinsamen Lösung kam schließlich im Mai 2023 mit der Idee, dass jeder der Projektpartner Räume für die Einrichtung eines gemeinsamen ökumenischen Pfarrbüros zur Verfügung stellt und somit keinem der Beteiligten zusätzliche Mehrkosten für Mieten entstehen. Ein erster Entwurf für eine Kooperationsvereinbarung und Geschäftsordnung wurde ausgearbeitet und im Herbst 2023 einigten sich die zuständigen Entscheidungsgremien auf die Einrichtung einer Zentralen Anlaufstelle an der Paul-Gerhardt-Kirche im Herzen von Langwasser und eines gemeinsamen ökumenischen Pfarrbüros in den Räumen des jetzigen katholischen Pfarrbüros an St. Maximilian Kolbe.

Kirche ist für dich da!

Das Ziel „Sichtbarwerden der beiden großen Kirchen in Langwasser“ ist mit der Einrichtung eines gemeinsam betriebenen Pfarrbüros aber noch lange nicht geschafft! Dazu braucht es attraktive Angebote, die auch für kirchenferne Menschen interessant sein können. Ob Eine-Welt-Verkauf, Angebot von Kommunion-, Konfirmation- und Tauf- oder Trauerkarten, oder wechselnde Ausstellungen regionaler Künstler: Vorschläge hierzu gab es sehr viele. Bei näherem Hinschauen haben sich leider die meisten Ideen als zu aufwändig für die Startphase herausgestellt. Einfacher einrichten lassen sich dagegen ergänzende Beratungsangebote von kompetenten Einrichtungen wie Stadtmission und Caritas. Sie bekommen einen Raum für regelmäßige Sprechstunden zur Verfügung gestellt und können so dem christlichen Auftrag der Nächstenliebe entsprechend den Menschen in Langwasser in vielen Lebenssituationen erste Hilfestellungen bieten: Kirche ist für dich da!

Kirchenleitungen finden zusammen

Im Dezember 2023 werden die ausgearbeiteten Entwürfe für Kooperationsvereinbarung und Geschäftsordnung zur rechtlichen Absicherung beiden Kirchenleitungen vorgelegt. Auch hier ging es nicht gar so einfach wie gedacht. Immerhin erreichte das Langwasser-Projekt, dass erstmals Fachreferenten für Recht und Steuerrecht beider Kirchen miteinander ins Gespräch gekommen sind. Gemeinsam suchten sie nach Lösungen, die im laufenden Betrieb keinem der beiden Projektpartner Zusatzkosten verursachen. Nach mehreren Online-Meetings steht am Ende der Projektzeit eine „kirchenrechtliche und damit öffentlich-rechtliche Zweckvereinbarung der Vertragspartner über die Einrichtung und den Betrieb eines ökumenischen Pfarrbüros auf Basis des Gesetzes über die Zusammenarbeit kirchlich-juristischer Personen des öffentlichen Rechtes des Bistums Eichstätt vom 21. Dezember 2022 (Pastoralblatt 170 [2023] 69-74) unter Genehmigung des Landeskirchenamtes der Evang.-Luth. Kirche in Bayern“.

Umbaumaßnahmen starten

Bereits im März 2023 werden im Pfarrbüro an St. Maximilian Kolbe Möbel gerückt. Das Büro der Pastoralassistenten ist in das benachbarte Gemeindezentrum umgezogen, das Amtszimmer von Pfr. Junk wurde in den ersten Stock verlegt und das Pfarramt Martin-Niemöller wurde per LAN-Kabel angebunden. Somit könnten bei Bedarf jederzeit auch „evangelische Räume“ für ein gemeinsames Pfarrbüro genutzt werden. Für die Zentrale Anlaufstelle an der Paul-Gerhardt-Kirche wurde ein von der ehemaligen Pfarrwohnung klar abgetrennter Bereich modernisiert und für den Empfang von Publikumsverkehr eingerichtet.

Das Projekt ist ein Prozess

Auch wenn am Ende der Projektzeit schon viele Rahmenbedingungen geklärt sind: In den letzten Wochen ist klar geworden, dass das Ziel konfessionsverschiedene Pfarrbüros zusammenzuführen aufgrund seiner Komplexität äußerst ambitioniert ist. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass beide Pfarreien fest eingebunden sind in die Strukturen zweier unabhängig funktionierender Systeme. Angefangen von Datenschutz, Zugangsrechten und Geheimhaltungsvereinbarung bis hin zu IT-Lösungen für einen gemeinsamen Kalender für Pfarramtssekretärinnen: Die Kirchenorganisationen haben noch einige Hausaufgaben zu erledigen, bevor ein gemeinsames Pfarrbüro in der Praxis in vollem Umfang funktionieren kann. Hinzu kommt, dass während der dreijährigen Projektzeit immer wieder neue Rahmenbedingungen und immer wieder andere Menschen hinzugekommen sind, die zu Beginn noch nicht bekannt waren. Für den Erfolg des Projektes ist es aber unerlässlich, dass am Ende alle, die für die Einrichtung und Umsetzung einer Zentralen Anlaufstelle verantwortlich sind, hinter dem Konzept stehen können. Dafür haben sich die Beteiligten nun Hilfe durch ein externes Moderationsteam geholt.

Die Projektleitung verabschiedet sich

Am Ende der Projektzeit stelle ich fest: ich habe vieles gelernt und erlebt, immer wieder neue Fäden aufgegriffen und zusammengeführt, Ideen eingebracht, Kompromisse gesucht, Türen geöffnet, Strukturen in Frage gestellt. Vieles ist heute eingespurt und wartet nur noch auf ein Startsignal. Auch wenn ich persönlich gerne noch in meiner Projektzeit eine Eröffnung mit Ihnen zusammengefeiert hätte: Wichtiger ist, dass eine Zentrale Anlaufstelle in Langwasser auf so viele Beine gestellt wird, dass sie auch dann funktioniert, wenn ich nicht mehr dabei sein kann. Bei der sich darstellenden Komplexität bedarf es hierfür vieler Beine, aber auch vieler Köpfe für Lösungen, Schultern für Verantwortung und Hände zur Umsetzung. Ich bin davon überzeugt, Sie in Langwasser können es schaffen.

Die Mitglieder des Projektbeirates werden sich weiterhin in den Prozess mit einbringen. Dieser „harte Kern“, paritätisch besetzt mit jeweils 1 Pfarrer, einem leitenden Gremienmitglied und einem Verwaltungsspezialisten hat meine Arbeit als Projektkoordinatorin begleitet und beraten. Sie wurden zu „Anwälten des Projektes“ in die Gremien hinein und wieder hinaus. Nach insgesamt 25 langen Abendsitzungen haben zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit gefunden, mit der sie interkonfessionell manches ins Spiel bringen können, wovon andere Gemeinden in Bayern nicht einmal zu träumen wagen. Langwasser ist für die Zukunft gerüstet.

Ilona-Maria Kühn

(Beitragsbild: Verabschiedung der Projektleitung im Rahmen des Ökumenischen Himmelfahrtsgottesdienstes auf dem Heinrich-Böll-Platz am 9. Mai 2024, Foto: Wagner. Andere Fotos: Kühn)